Radioaktivität und Strahlung

Regierungen und Behörden bagatellisieren oft die Gefahr, die von Atombomben und Atomkraftwerken ausgehen. In Deutschland hat sich nach der Atomkatastrophe von Fukushima das Bewusstsein gewandelt und die Energiewende wurde eingeleitet. Dennoch ziehen unsere Nachbarländer nicht mit und setzten weiter auf Kernenergie. Viele offene Fragen, wie die Endlagerung sind nicht geklärt. Atommüll wird zwischen den Kernkraftwerken und vorläufigen Lagerstätten hin und her gefahren. Atomwaffen und atomwaffenfähiges Material befinden sich sehr wahrscheinlich in den Händen von Terroristen, oder Staaten, die wenig Vertrauenswürdig sind.
Zudem wird radioaktive Strahlung auch durch kosmische Naturkatastrophen wie Sonnenstürmen und Gammastrahlenblitzen freigesetzt. Es gibt also Gründe genug, sich mit dem Thema Schutz vor radioaktiver Strahlung auseinander zu setzten.
Radioaktive Strahlung entsteht durch Zerfall, bzw. Spaltung (und teilweise auch durch Umwandlung) von instabilen Atomkernen. Solche Atomkerne finden sich in natürlichen Vorkommen in den Elementen Uran und Plutonium. Wenn diese instabilen Atomkerne zerfallen, entstehen weitere instabile Isotope wie Cäsium-137, Strontium-90 und Iod-131. Neben diesen Produkten werden überzählige Atomkernbausteine (Protonen, Neutronen und Elektronen) frei. Diese erzeugen die elektromagnetische (radioaktive) Strahlung und Wärme. In Atomkraftwerken wird die Wärme genutzt um Wasser zu verdampfen. Der Dampf strömt durch Dampfturbinen um Strom zu produzieren. In einer Atombombe läuft der Prozess unkontrolliert ab und die Energie wird mit einem enormen zerstörerischen Potential in einer Explosion freigesetzt. Die dabei entstandenen Isotope zerfallen weiter bis sie ein stabiles Stadium erreicht haben. Bei diesem Zerfall wird weitere radioaktive Strahlung freigesetzt. Die radioaktive Strahlung ist äußerst schädlich für lebende Zellen und kann mit unseren Sinnen nicht wahrgenommen werden. Die Isotope selbst sind größtenteils hoch giftig. Man unterscheidet drei verschiedene Strahlungsarten: α, β, γ-Strahlung. Sie unterscheiden sich in ihrer Intensität und werden bei verschiedenen Spaltungsstadien frei. Zuerst entsteht die α Strahlung. Sie besteht aus geladenen Teilchen und ist weniger stark. Ihre Eindringtiefe in die Haut beträgt nur wenige Millimeter und lässt sich leicht abschirmen. Die β-Strahlung ist ebenfalls eine Teilchenstrahlung. Sie ist schon deutlich energiereicher und dringt mehrere Zentimeter in die Haut ein. Um sich vor sie zu schützen, bedarf es schon relativ dicke Mauern. Die γ-Strahlung ist eine elektromagnetische Strahlung ähnlich der Röntgenstrahlung. Sie hat eine große Eindringtiefe und kann den menschlichen Körper problemlos durchdringen. Dabei werden die Zellen stark geschädigt und können ganz absterben. Der Schutz vor γ-Strahlung bereitet deutlich mehr Aufwand. Wie groß dieser Aufwand ist, hängt natürlich von der Strahlungsintensität und der Entfernung zur Strahlungsquelle ab.
Es gibt mehrere Einheiten für die Beschreibung der Strahlungsstärke. Am gebräuchlichsten im Katastrophenschutz ist heute die Maßeinheit Sievert. 1 Sv besteht aus 1000 Millisievert (mSv). Die natürliche radioaktive Strahlung, die uns immer umgibt liegt in Deutschland bei 1 mSv pro Jahr. Welche Strahlungsintensität der menschliche Körper verkraftet hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Einer dieser Faktoren ist die Länge der Zeitperiode, die man der Strahlung ausgesetzt ist. Wenn man über ein Jahr verteilt 1 Sievert Strahlung ausgesetzt ist, kann das der Körper evtl. tolerieren. Wird man der gleichen Strahlendosis in kurzer Zeit ausgesetzt, dann liegt die Sterblichkeitsrate bei 25%. Eine Strahlendosis zwischen 5,5 und 7,5 Sievert gilt als absolut tödlich. Eine geringe Chance besteht bei sofortiger medizinischer Betreuung.
Schon geringe Strahlendosen können das Erbgut schädigen und zu Missbildungen und Fehlgeburten führen. Bei einer Strahlendosis von mehr als 250 mSv treten die ersten Symptome der Strahlenkrankheit auf. Diese sind Übelkeit, Erbrechen und Abgeschlagenheit. Bei einer leichten Verstrahlung können diese Symptome alles gewesen sein. Durchfall, Blutungen, Zahn- und Haarausfall treten im Endstadium auf. Bei vielen Verstrahlten stellt sich nach einigen Tagen eine vorübergehende Besserung der Symptomatik ein. Nach 2-3 Wochen verschlechtert sich der Gesundheitszustand rapide bis der Tod eintritt.
Selbst eine geringe Strahlendosis kann zu Spätfolgen wie Leukämie und Tumorbildung führen. Diese Spätfolgen stellen sich oft erst nach Jahrzehnten ein.
Der Katastrophenschutz unterscheidet weiterhin zwei Ausprägungen radioaktiver Strahlen: die Anfangsstrahlung und die Rückstandsstrahlung.
Die hochenergetische Anfangsstrahlung wird nur während der eigentlichen Kernreaktion freigesetzt. Also in dem Moment, in dem eine Atombombe explodiert, oder solange wie die Kernschmelze eines Atomreaktors andauert, der außer Kontrolle geraten ist. Ihre Intensität nimmt mit der Entfernung zur Strahlungsquelle schnell ab. Als Formel gilt hierbei, dass die Strahlungsintensität im Quadrat der Entfernung abnimmt. In 2 km Entfernung beträgt die Strahlungsintensität nur noch ein Viertel der ursprünglichen Intensität, in 4 km ein Sechzehntel.
Die niedrigenergetische Rückstandsstrahlung wird auch Fallout-Strahlung genannt. Sie verteilt sich über radioaktive Partikel die in die Atmosphäre geschleudert werden. Sie kann mit dem Wind über Tausende Kilometer verteilt werden. Es kann sehr lange Zeit dauern bis die Rückstandstrahlung abgebaut wird. Zudem reichern sich die strahlenden Partikel in pflanzlichen- und tierischen Zellen an. So gelangen sie in die Nahrungskette. Ein wichtiger Begriff in diesem Zusammenhang ist die Halbwertszeit. Darunter versteht man den Zeitraum der benötigt wird, damit sich die Strahlungsintensität halbiert. Bei Cäsium-131 beträgt die Halbwertszeit 30 Jahre, bei Uran-235 beträgt sie 703.800.000 Jahre! Es kann also verdammt lange dauern, bis sich die Rückstandsstrahlung auf ein ungefährliches Maß verringert.
Um sich vor radioaktiver Anfangsstrahlung zu schützen ist das Wissen um die Zehntelwertdicke verschiedener Materialien wichtig: das ist die Materialdicke, die benötigt wird, um die ursprüngliche Strahlungsintensität auf ein Zehntel zu reduzieren. Beton schützt am Besten. Hier reduziert eine 45 cm dicke Wand die Anfangsstrahlung auf ein Zehntel. Eine 90 cm dicke Wand würde die Strahlung auf ein Hundertstel reduzieren. Feuchte Erde schützt auch recht gut vor Anfangsstrahlung. Sie hat eine Zehntelwertdicke von 65 cm, gefolgt von Ziegelsteinen mit 70 cm und Wasser von 105 cm.
Es ist also durchaus möglich sich vor radioaktiver Strahlung zu schützen. Im Falle einer Atombombenexplosion muss man unverzüglich handeln und Schutz hinter einer dicken Mauer, oder Grube suchen. Wenn es eine Vorwarnung gibt sollte man sich möglichst in Schutzräume, Tiefgaragen, Tunnel oder den heimischen Keller begeben. Die Überlebenschancen steigen mit der dicke des Mauerwerkes, der Tiefe des Kellers und der Entfernung zum Explosionsort. Nach der Explosion so schnell wie möglich das Weite suchen um der Rückstandsstrahlung zu entgehen. Besonders gut ist es, wenn man sich nicht nur vom Katastrophenort entfernt, sondern dabei auch noch Gegenwind hat.
Vor der Rückstandsstrahlung kann man sich durch Atemmasken und Schutzanzügen schützen. Notfalls durch ein nasses Tuch atmen und Regenzeug mit Kapuze anziehen. Den Körper so gut bedecken wie es geht. Radioaktive Partikel können auch über Schleimhäute und Augen in den Körper gelangen. Sobald man die Gefahrenzone verlassen hat gründlich duschen. Das Wasser am besten auffangen und entsorgen, denn es ist nun radioaktiv kontaminiert. Natürlich darf man keine radioaktiv kontaminierte Nahrung / Wasser zu sich nehmen. Jodtabletten können verhindern, dass sich radioaktives Iod-131 in der Schilddrüse ablagert. Wie erfolgreich sich der Schutz vor Radioaktivität gestaltet, hängt von vielen Faktoren ab. Selbst wenn man die Katastrophe erst einmal überlebte, muss man sich auf Spätfolgen einstellen.

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